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LEIH MIR DEIN AUGE

Marita K. ist blind, aber deshalb ist es ihr noch lange nicht egal, wie sie aussieht. Doch wie macht man das, sich schick zu kleiden ohne Blick in den Spiegel, und wenn keiner da ist, den man fragen kann? Mit Hilfe des Internets: Wenn Frau K. sich zum Ausgehen anzieht und nicht weiß, "Hab ich gleichfarbige Strümpfe an? Passt der Pullover zum Rock?", schaltet sie ihren PC mit Webkamera ein und fragt ein sehendes Mitglied des Blinden-Hilfsnetzwerks "KlickBlick" via Internet. Falls sie einen grünen und einen roten Socken gegriffen hat, kann der angeklickte Blicker die Modepanne verhindern.

Die Software für die Sehhilfe per Internet (www.klickblick.de) hat Joachim Frank aus dem kleinen Ort Oberhausen-Rheinhausen entwickelt. Der findige Unternehmer für Blindenhilfsmittel, selbst stark sehbehindert, hat sie dem neu gegründeten Verein KlickBlick kostenlos zur Verfügung gestellt. Der baut für die Aktion "Leih mir dein Auge" nun ein Netzwerk von blinden und sehenden Internetsurfern auf. Das System sei "supersimpel", sagt Frank. Auch Blinde mit mageren PC-Kenntnissen können sich einloggen, um ein Vereinsmitglied schauen zu lassen: In welcher der eingekauften gleich großen Dosen ist das Hundefutter, in welcher sind die Erbsen?

Die Blick-Kontakte übers Netz bieten viele Möglichkeiten. Blinde können sich so den Wert der neuen Euroscheine beschreiben lassen oder das Foto des Enkels. Auch sehschwache Firmenangestellte profitieren: Eine KlickBlick-Software im Intranet erleichtert den Büroalltag. Einen Teil der Kosten tragen die blinden Nutzer, die Klicker. Die Minute im System kostet 50 Pfennig bis eine Mark Gebühren. Blicker arbeiten ehrenamtlich.

Erfinder Frank plant schon für die Zukunft: "Mit UMTS-Handys wird KlickBlick ein mobiler Service für Blinde unterwegs." Dabei denkt der Mann, der selbst dauernd an Stühle stößt und Besucher "übersieht", weniger an Modesorgen als an das Entziffern von Straßen- und Klingelschildern.